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geschlecht

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Lücken: nicht mitteleuropäische/US Perspektiven - Inter*-Perspektiven - Rolle von binärem Geschlecht in Kapitalismus und Patriarchat. Ergänze sie gerne, wenn du kannst.

Geschlecht ist ein Wort für viele miteinander verknüpfte Dinge, manche davon sind mehr gesellschaftlich, manche mehr persönlich. Oft wird es in „biologisches Geschlecht“ (Körper), „soziales Geschlecht“ (als was man auftritt oder für was man gehalten wird) und „Geschlechtsidentität“ (als was man sich fühlt) aufgeschlüsselt. Dies ist jedoch nur eine von mehreren Möglichkeiten, es zu analysieren. Für trans_-Themen kann ein anderer Zugang hilfreicher sein.

Geschlecht in der Verwaltung

Die meisten Staaten fordern einen Geschlechtseintrag für jede Person, meistens als „weiblich“ oder „männlich“. Dieser wird üblicherweise von den Intimorganen des Neugeborenen abgeleitet. (Für manche inter_-Personen gibt es an dieser Stelle noch mehr Komplexitäten und unter Umständen medizinische Gewalt.)

Dieser erste Geschlechtseintrag wird als bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht bezeichnet. (Auf Englisch gibt es dafür Abkürzungen wie amab/afab, dmab/dfab, camab/cafab, maab/faab.) Später im Leben gibt es die Möglichkeit der personenstandsanderung, und unter welchen Bedingungen man das machen darf, wird in den meisten Ländern wieder vom Staat bestimmt. In einem anderen Geschlecht anerkannt zu werden kann aber auch an andere, nichtstaatliche Bedingungen geknüpft sein.1)

Manche Auswirkungen dieses Geschlechtseintrags treffen vor allem Trans*-Personen, z.B., wenn Versicherungen Probleme dabei machen, bestimmte Leistungen zu übernehmen, die aus cissexistischer Perspektive nicht dazu passen.

Geschlechtszuschreibung

Menschen verwenden alle Informationen, die sie haben, oder wahrnehmen, um sich eine Vorstellung davon zu machen, welches Geschlecht eine andere Person hat. Oft denken sie dabei nur an Männer und Frauen, und fast immer wird diese Zuschreibung aufgrund von Klischees getroffen. Sie kann damit falsch und trans*feindlich diskriminierend sein. Manchmal werden auch Merkmale ignoriert oder umgedeutet, die nicht ins Bild zu passen scheinen.

Diese Zuschreibung wird anhand von Äußerlichkeiten und Aussagen getroffen. Zum Beispiel:

  • Aussage „Ich bin eine Frau“
  • Körperformen (sichtbare und vermeintlich „versteckte“)
  • Stimme, Art zu sprechen
  • „Genderqueer“-T-Shirt
  • Frisur
  • Körperbehaarung, z.B. im Gesicht
  • Operationsnarben
  • Pronomensschildchen auf einer Konferenz
  • Profilbild mit Trans*-Flagge

Ob ein Mensch von anderen als weiblich, männlich, nicht geschlechtskonform, uneindeutig, transfeminin, transmaskulin (…oft mehreres davon) einsortiert wird, bestimmt zusammen mit anderen Faktoren, welche direkten Formen von sexistischer und trans*feindlicher Diskriminierung si:er abbekommt. Um diese Erfahrungen zu diskutieren, werden manchmal Begriffe wie „weiblich gelesene Leute“ verwendet, die nichts über das tatsächliche Geschlecht der Person aussagen, sondern nur über solche Zuschreibungen.

Bei körperlichen Grundlagen werden trans* Personen oft falsch zugeordnet. Andere Anzeichen, die etwas mit Geschlecht zu tun haben, aber nicht direkt sagen, welches es ist, werden auch oft fehlinterpretiert, z.B. Pronomen („sie, also weiblich“ stimmt eben nicht für alle) oder die Trans*-Flagge (Trans* ja, aber welches Geschlecht? Oder ist „trans*“ das Geschlecht der entsprechenden Person?).

Auch in queeren und trans* Zusammenhängen kommen voreilige und falsche Zuschreibungen vor. Wenn es Vorstellungen davon gibt, wie trans* Frauen, trans* Männer und nichtbinäre Leute jeweils aussehen und sich benehmen, wird es denen schwer gemacht, die diesen Ideen nicht entsprechen.

Richtig zugeordnet zu werden, oder richtiger, kann einer der Gründe sein, warum Menschen ihr Aussehen oder Auftreten verändern wollen.

Geschlecht im engeren Sinn

Wenn Geschlecht falsch zugeschrieben werden kann, muss es auch ein richtiges geben. Das richtige ist das Geschlecht, als das sich eine Person (gerade) verstanden wissen will, oder mit dem si:er sich eigentlich identifiziert. Das kann auch gar keines sein (geschlechtslos/agender).

Oft wird zwischen binären Geschlechtern und nichtbinären Geschlechtern unterschieden. Binäre sind weiblich und männlich oder Frau und Mann. Nichtbinäre sind alle anderen, wie genderqueer, demigirl, neutrois/geschlechtsneutral. Nicht für alle Menschen ist es einfach zu sagen, ob ihr Geschlecht nichtbinär oder männlich/weiblich ist.

Manche Wörter, mit denen Menschen ihr Geschlecht beschreiben, sind mit ihrer Sexualität verknüpft, z.B. Femme, Butch, Tunte oder Bär. (Aber nicht alle, die diese Wörter verwenden, würden sagen, dass das auch ihr Geschlecht ist.) Andere Wörter für Geschlechter werden sehr persönlich gewählt (manchmal als absichtlich „seltsamer“ Ausweg aus der weiblich/männlich-Kategorisierung) und sind von Dingen oder Phänomenen inspiriert, etwa gendervoid, Sternengeschlecht, Seifenblase oder Kaktus. Wieder andere sind von der neurodivergenz einer Person beeinflusst, wie neurogender, autigender oder borderfluid.

Geschlecht kann immer gleich bleiben oder sich manchmal oder auch ganz oft ändern (genderfluid). Manche Leute wissen ihr Geschlecht schon als Kinder und bleiben ihr Leben lang dabei. Andere kommen später darauf, dass sie sich mit einem anderen besser fühlen als mit dem, dem sie sich als Kind zugehörig fühlten. Wiederum andere haben als Kind kein Geschlecht, dem sie sich zugehörig fühlen, und setzen sich erst in der Pubertät aktiv damit auseinander, wie sie sich geschlechtlich verorten. Genauso wissen manche schon als Kinder, dass sie trans* sind, andere kommen später darauf, und nicht alle Trans*-Personen bleiben ihr Leben lang bei dem selben Verständnis von oder Begriff für ihr Geschlecht.

Ob es das in einer diskriminierungsfreien Gesellschaft auch so gäbe, oder ob wir dann alle kein Geschlecht hätten, wird immer wieder diskutiert. Beispielsweise mit der Frage, ob eine Person auch die gleiche Geschlechtsidentität hätte, und/oder die gleichen körperlichen Veränderung wünschen würde, wenn sie für immer allein auf einer einsamen Insel leben würde. Leider konnten wir das bisher noch nicht ausprobieren, und derartige Gedankenexperimente haben oft das Ziel, Trans*-Personen hier und jetzt ihre Erfahrungen und ihr Geschlecht abzusprechen. Da das Ernstnehmen von Geschlechtern schlimmstenfalls eine Übung im Akzeptieren fremder Gefühle ist, ist jedenfalls nicht zu erwarten, dass es irgendeine Revolution verhindern wird.

Quellen

<references />

geschlecht.1452126487.txt.gz · Zuletzt geändert: 2016/01/07 01:28 von speakfriend